Aus Stroh wird Kunst

aus dem Südkurier vom 01.09.2011
 
Am kommenden Sonntag können zehn Vereine aus Höchenschwand aufatmen, denn dann haben sie die arbeitsintensive Vorbereitung geschafft und der Strohskulpturenwettbewerb am Bauernmarkt in Frohnschwand beginnt. Die Landfrauen durften wir vorab in ihrer Werkstatt besuchen.
Draußen leuchtet die Abendsonne mit blauem Himmel um die Wette. Drinnen im Stall ist es dämmrig. Und es riecht nach Stroh. „Noch bin ich allein, aber die anderen müssten bald dazu stoßen“, sagt Helga Bohr.  Sie sitzt an einem großen runden Tisch und zieht frische Binsen durch ein feinmaschiges Netz aus Hanf. „Das wird der Rock für unsere Bäuerin“, erklärt sie, die gemeinsam mit 20 anderen Landfrauen an ihrem Werk für den Wettbewerb arbeitet.
Dieses Jahr hat der Kurverein ein Motto vorgegeben: Mobilität. Ein Blick durch den Stall zeigt einen lebensgroßen Stier, dahinter einen Pflug. „Was sollen wir ein Auto oder ein Flugzeug bauen, schließlich sind wir Landfrauen. Und so ein Stier ist auch mobil“, sagt Chefin Helga Baumgartner, die mittlerweile mit einigen anderen Frauen eingetrudelt ist. Mobil sind auch Bauer und
Bäuerin, kleine Hasen und Mäuse, allesamt von Hand aus Stroh gefertigt. Und wenn die Zeit noch reicht, gesellt sich vielleicht auch noch ein Hund dazu, verrät Helga Bohr.
Wie viele Arbeitsstunden in der detailverliebten Arbeit der Landfrauen stecken, kann Helga Baumgartner nur grob überschlagen. „Ich rechne mit etwa 1200 Stunden“, schätzt die Vorsitzende.
Seit Juni treffen sich die Landfrauen zweimal wöchentlich in Frohnschwand und arbeiten fünf Stunden. Sie verwenden ausschließlich Naturprodukte, wie Binsen, Stroh und Hanf.
Das kostet Zeit. Und manchmal auch Nerven. Besonders wenn die Natur den Zeitplan vereitelt. „Den Rock der Bäuerin machen wir nun schon zum dritten Mal“, erläutert Erna Villinger. Das Stroh sei zu trocken geworden und auseinandergefallen. Jetzt hätten sie den Bogen raus. Allein um fünf Bahnen aus frischen Binsen zu flechten und zu befestigen, brauche man gute zwei Stunden, rechnet Helga Bohr vor. Einen Ballen
Stroh haben die Landfrauen verarbeitet. „Wir hatten Glück, dass unser Stroh schon gelagert war, bevor im Juli Regen und Hagel kamen“, sagt Baumgartner.
An Stroh mangelt es nicht und auch nicht an Motivation. Trotz zerstochener und zerkratzter Arme. „Wir haben immer einen Riesenspaß“, sagt Baumgartner.
Nach der Arbeit säßen sie zusammen und ließen den Abend gemütlich ausklingen. Dass einem da noch das eine oder andere Detail einfallen kann, bewiesen zwei Frauen. Sie verpassten dem Stier noch ein, nun ja, unverzichtbares Stück Männlichkeit. In Lebensgröße. Aus Stroh. Aber nur um zu sehen, wie die über 80-jährige Erna Tröndle reagiert. Und die lacht schallend.
Schulleiter Arno Wagner, der zufällig am Stall vorbeikommt, hat da nur ein Kopfschütteln übrig. „Ihr Frauen habt doch nur Mist im Kopf.“ Mist? Iwo, es geht hier doch um Stroh.
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