Zur Geschichte von Höchenschwand

Auch im 14. Jahrhundert hatte das Kloster St. Blasien mit Land und Leuten schwere Jahre durchzumachen, die in der Hauptsache verursacht waren durch die Entwicklung der Dinge im Reich. Das Ansehen der deutschen Könige war damals stark gesunken, und dies wirkte sich auch aus in dem Verhältnis des Klosters zu seinen Gotteshausleuten. Notgedrungen gab der Abt die Reichsunmittelbarkeit auf und stellte sich unter den mächtigen Schutz der Herzöge von Österreich (Habsburger), die bereits im 13. Jahrhundert im Gebiet der späteren Herrschaft Hauenstein, zu der der größte Teil des Höchenschwander Berges als Teil des Albgaus damals gehörte, Fuß gefaßt hatten. Dieses Aufgeben der Reichsunmittelbarkeit hatte schwere Folgen. Bei der allgemeinen Unsicherheit der Zeit waren Land und Leute der Hauensteinischen Herrschaft gegen innere und äußere Feinde nicht genug gesichert; deswegen schlössen sich die Waldbewohner nach dem Muster der Schweizer Eidgenossenschaft zur Hauensteiner Einung zusammen.

Im Jahre 1371 fand diese ihre Bestätigung zwischen Österreich und dem Kloster St. Blasien und 1433 nach kurzer Auflösung ihre feierliche Erneuerung. Innerhalb der Einung unterschied man Unterabteilungen, die auch Einungen genannt wurden, und zwar waren es vier Einungen oberhalb und vier unterhalb der Alb. Die vierte Einung ob der Alb war die Einung Höchenschwand mit Aisperg, Amrigschwand, Brunnadern, Ellmenegg, Frohnschwand, Harzhäusle, Heppenschwand, Kutterau, Lehenwies, Ober- und Unterimmeneich, Oberweschnegg, Segalen, Strittberg und Tiefenhäusern.

Der Bundesbrief von 1433 (Samstag vor Matthäi) lautet:
„War, die Einungsmeister und das ganze Land vor und hinter dem Hag mitsamt den Thälern Todtnau und Schönau, thun kund und zu wissen: Da jeweils eine Gewohnheit und altes Herkommen bei uns gewesen, in allen Dingen einig zusammen zu halten, und wir uns aber seit Kurzem her in etlichen Stücken und Handlungen von einander gesondert, woraus viele Unfälle und Gebrechen für uns und das Land entstanden sind, so haben wir uns neuerdings vereint, verpflichtet und verbunden, daß Alle auf dem Wald hierfür in allen Sachen mit Thun und mit Lassen, sonderlich in Kriegen und in Feindschaften, eins zusammen seyn und gehören wollen, wie vorher. Keiner soll sich vom Anderen ziehen, sondern alle sollen einander helfen in Frieden und in Unfrieden gegen männiglich, so sich wider uns sezet oder uns angreift. Die auf dem Walde sollen Volkes gegen Feind stellen drei Theile, Todtnau und Schönau den vierten Theil; alles jedoch ohne Abbruch des Hauses Oestreich und der Abtei Sankt Blasien."

Der Geist, der aus diesem Bundesbrief spricht, formte auch die innere Einrichtung der Einung. Die Oberhäupter der einzelnen Einungen, die Einungsmeister oder Achtmannen, die jährlich gewählt wurden, standen stolz neben den landesfürstlichen Waldvögten und den Sankt Blasianischen Waldpröbsten und sahen eifrig auf den Gang der Dinge innerhalb ihrer Einung, damit der einzelne und das Ganze keinen Schaden nehme. Aus ihrer Mitte wählten sie den Redmann, der die Leitung aller Geschäfte der Einung übernahm. Ein Bündel Akten des Generallandesarchivs aus den Jahren 1676 - 1801 gibt uns Auskunft über die Wahl der Höchenschwander Einungsmeister, die jeweils in Immeneich erfolgte. Altbekannte Namen wie Ebner, Böhler, Jseli, Albiez und andere kehren da immer wieder. Dieses Nebeneinander der neuen Stellen neben den alten war nun später die Ursache von viel Streit und Hader.

Die Möglichkeit einer solchen Einung ist ein Beweis dafür, daß die Untertanen der Abtei St. Blasien weitgehende Rechte besaßen, und das Waldvolk war sich derselben auch stolz bewußt, namentlich seiner Waid-, Jagd- und Fischrechte. Andererseits ist aber auch Tatsache, daß dieselben freiheitsgewohnten Leute unter den Zuständen, wie sie sich im Laufe der Zeiten entwickelt hatten, unter Abgaben, Zinsen und Verpflichtungen der verschiedensten Art schwer zu leiden hatten.

Auf diese Dinge, die aufs engste mit Wirtschafts-, Verwaltungs- und Verfassungsfragen zusammenhängen, hier näher einzugehen, würde zu weit führen, umsomehr, als alle diese Dinge zum guten Teil noch garnicht geklärt sind. Hoffentlich werden wir darüber von unserem Landsmann, Hochwürden Herrn Oberpfarrer Jakob Ebner, bald Näheres hören. Die drückenden Lasten erregten naturgemäß unter der Bevölkerung des St. Blasianischen Herrschaftsgebietes große Unzufriedenheit, die in den kommenden Jahren, übrigens wie allerwärts in deutschen Landen, immer und immer wieder zum Durchbruch kam. So konnte eine neue Waldordnung, die Maximilian I. im Jahre 1507 gab, wobei er den Waldleuten die meisten ihrer bisherigen Rechte, namentlich das Jagdrecht, beließ, aber die Rechtspflege anders ordnete, heftige Unzufriedenheit zwar unterdrücken, aber nicht ersticken.

Aus dieser Stimmung ist somit leicht erklärlich, daß im Hauensteinischen im Bauernkrieg (1524—25) die Ideen der Rebellen leicht Aufnahme fanden. Bald nachdem die Bauernerhebung in der Landgrafschaft Stühlingen begonnen hatte, trieben auch die Hauensteinischen Bauern und Genossen allerlei Gewalttat. Schließlich zog ein Haufen von 600 bis 800 Mann, verstärkt durch Stühlinger und Fürstenberger vor St. Blasien und vertrieben den Rest der Bewohner. Das Kloster, die Kirche und Grüfte wurden geplündert. Der Unfug ging soweit, daß die ergrimmten Waldbewohner schließlich den Wein in den Kellern laufen ließen, das Vieh wegtrieben, mit dem Allerheiligsten Gotteslästerung trieben, alte Urkunden zerrissen, aus den bleiernen Pfeifen der Orgel Kugeln gössen usw.

Nur zwei große Glocken blieben unzerschlagen in den Wendeltreppen hängen. Einiges hatten die Klostergeistlichen vorher in Fässern in Sicherheit bringen können. Auch der weitere Umkreis fiel der Verwüstung anheim. Schließlich wurden aber auch hier die Aufständischen in die Enge getrieben und zur Liebergabe gezwungen. Am 13. November unterwarfen sich alle Hauensteiner, leisteten Schadenersatz an das Kloster St. Blasien (8600 Gulden) und schworen den neuen Eid an Oesterreich. Was in dieser wildbewegten Zeit in Höchenschwand selbst vor sich ging, ist uns bis jetzt nicht näher bekannt. Die Führer, mehr oder weniger schuldig, büßten ihr Tun mit dem Leben. Der Revolutionsprediger Hubmeier wurde zu Wien, Hans Müller von Bulgenbach am Bernauer Berg zu Laufenburg enthauptet, und Kunz Uehle (oder Konrad Jehle oder Uehlein) wurde zwischen Waldshut und Waldkirch an einer
Eiche aufgehängt. Einen großen Teil der Schuld an dem Gang der Dinge trug unzweifelhaft die Regierung.

Trotz ihres strengen Vorgehens, oder vielleicht gerade deswegen, glomm der Funke der Unzufriedenheit fort, und die Erinnerung an alte Zeiten pflanzte sich in stiller Ueberlieferung weiter von Vater auf Sohn und Enkel. Zu den alten Lasten wurden den Bauern noch neue zugemutet, da die vorderösterreichische Regierung ihre verfahrenen Finanzen wieder in Ordnung bringen wollte. Dazu kamen noch zweimal ansteckende Krankheiten, und 1611 vollends brachte ein entsetzliches Hagelwetter neuen Kummer ins Land. Als nun gar noch bei jedem Kauf ein Gulden vorn Hundert für den Kaufbrief und 1 Pfund für 100 Basler Währung bezahlt werden sollten, da lehnten 1612 die versammelten Bauern vom Wald, von Hauenstein, von Todtnau und Schönau rundweg jede weitere Zahlung ab.

Vorstellungen der Regierung, Besprechungen mit den neuen und alten Redmännern hatten zunächst keinen Erfolg. Erst 1614 brachte es die Regierung dahin, daß die Todtnauer und Schönauer bald auch 150 Hauensteiner mit 6 Einungsmeistern, darunter auch die Höchenschwander, nachgaben. Die anderen verfielen schwerer Strafe. Das war hier der Ausgang des Rappenkrieges, von dem die allgemeine deutsche Geschichte erzählt. Schon 1628 gab es neue Unruhen, die aber wegen einer hereinbrechenden Pest sich nicht weiter auswirken konnten. Zu all dem kamen dann die Folgen des schon zehn Jahre wütenden dreißigjährigen Krieges (1618—1648). Das Land wurde fast ganz menschenleer. Schon früh wurde die waffenfähige Mannschaft mit in den Krieg fortgerissen, und bald fiel der größte Teil der jungen blühenden Männer in den Kämpfen oder wurde ein Opfer von Hunger und Krankheit.

Herr im Lande war der Franzose mit seinen räuberischen Horden, und erst im westfälischen Frieden (1648) kam die Einung wieder an Oesterreich. Lange herrschte keine feste Ordnung unter der Bevölkerung, weder im Verhältnis zum Hause Oesterreich noch zum Stift St. Blasien, und so schalteten und walteten die Einungsmeister und Redmänner ziemlich frei im Innern des Ländchens. Erneut zog ein Sehnen nach Freiheit und wahrem Frieden durch dasselbe, und das Kloster suchte diesen Wünschen seiner Untertanen auch gerecht zu werden. So veranlaßte es zur Linderung der dringendsten Not die Gründung kleiner Fonds. Es entstand der Armenfond der Vogtei Höchenschwand aus dem sogenannten Quartal-und Gründonnerstagalmosen.

1669 betrug dieser mit drei Vermächtnissen bereits 453 Gulden. Bald aber wurde der Wille zur Neuordnung der Dinge gehemmt durch neuen Krieg, der wieder veranlaßt war durch Frankreich. Wieder zogen seine Scharen durch das Land, und fast immer lag Einquartierung in St. Blasien und auf dem Wald, so im Winter 1705/1706 das Regiment Castelli. Zu diesen äußeren Kämpfen kam bald innerer Streit der Bevölkerung gegen das Kloster und innere Zwietracht im Volke selbst.

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.
Ok